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C&M-4-2015 > Messen ohne zu berühren

Messen ohne zu berühren

Nichtinvasive Temperaturmessung mit Clamp-On-Technologie

Temperaturmessungen sind die häufigsten Messaufgaben in pharmazeutischen Anlagen. Neben der Überwachung und Steuerung des Produktionsprozesses muss auch bei der üblichen Anlagen- sterilisation mittels Sattdampf (SIP) die erreichte Dampftemperatur gemessen und dokumentiert werden.

Oberflächentemperaturmesstechnik

Um die Probleme der invasiven Temperatur­messung wie Fließbehinderungen bei kleinen Rohrdurchmessern, Hygienerisiken und erhöhtem Wartungsaufwand zu umgehen, wurde die in der Heizungstechnik seit Langem etablierte Messung der Rohroberfläche auf pharmazeutische Messaufgaben übertragen. Durch die Messung der Rohr­oberfläche wird ein Eingriff in den Prozess vermieden. Die Geräte sind üblicherweise schnell und leicht zu montieren und können darüber hinaus sehr einfach in bestehenden Anlagen nachgerüstet werden. Exemplarisch sind in Abbildung 1 zwei typische Ausführungen dargestellt. Im ersten Beispiel stellt ein Anlegeelement die Anbindung an das Rohr her. In das Anlegeelement taucht dann der Messeinsatz ein.

Der Vorteil dieser Ausführung ist die gleichartige Ausführung des Messeinsatzes wie bei der invasiven Messung, sodass die Kalibrierung auf die gleiche Weise durchgeführt werden kann. Die Bauform erfüllt jedoch nicht immer die Anforderungen im Hinblick auf Ansprechzeit und Messgenauigkeit. Das zweite Beispiel zeigt eine Ausführung, bei der der Messeinsatz direkt auf der Rohroberfläche aufsitzt. Dadurch kann die Wärmekapazität des Messgerätes und damit die Ansprechzeit deutlich verringert werden. Zudem ist die Messgenauigkeit besser als bei der ersten Ausführung. Die Messung der Oberflächentemperatur hat jedoch Nachteile. Die erzielbare Genauigkeit hängt entscheidend von den Prozessbedingungen ab. Auch Montagefehler können die Messung negativ beeinflussen.


Abb.1 Ausführungsbeispiele für Geräte zur Rohroberflächenmessung

Prozessbedingungen beeinflussen die erreichbare Genauigkeit

Für eine akzeptable Messgenauigkeit muss die Rohroberfläche annähernd die Temperatur des Mediums aufweisen. Es gilt zu beurteilen, ob der entstehende Fehler hinreichend klein ist. Die Rohroberflächentemperatur hängt neben der Mediumtemperatur von den thermischen Widerständen zwischen Rohrmitte und Rohrinnenwand, zwischen äußerer Rohrwand und Umgebung und dem thermischen Widerstand des Rohres ab. Idealerweise tritt der gesamte Temperaturabfall am thermischen Widerstand zwischen Rohroberfläche und Umgebung auf. Dann hat die Rohrober­fläche annähernd Mediumtemperatur. Der thermodynamische Vorgang beim Wärmeübergang vom Medium auf das Rohr wird als erzwungene Konvektion bezeichnet. Ein maßgeblicher Einflussfaktor ist die Art der sich einstellenden Strömung. Dabei wird zwischen laminarer und turbulenter Strömung unterschieden (Abb.2). Bei einer laminaren Strömung treten keine Verwirbelungen auf und die Mediumpartikel bewegen sich nur in Strömungsrichtung. Als Mechanismus zur Wärmeübertragung kommt deshalb nur die Wärmeleitung im Medium zum Tragen. Gleichzeitig wird das Medium in den äußeren Schichten durch die Rohrreibung abgebremst und hat somit länger Gelegenheit abzukühlen.


Abb.2 Vergleich der Temperaturprofile für laminare und turbulente Rohrströmung

Als Resultat bilden sich bei einer laminaren Strömung große Unterschiede in der Geschwindigkeits- und Temperaturverteilung im Rohr aus. Bei einer turbulenten Strömung bewegen sich die Mediumpartikel ungeordnet. Damit tritt neben Wärmeleitung auch Wärmetransport auf. Heiße Partikel aus der Rohrmitte gelangen durch die Verwirbelungen in die Nähe der Rohrwand und transportieren dabei Wärmeenergie. Im Ergebnis stellt sich eine weitestgehend homogene Geschwindigkeits- und Temperaturverteilung ein. Lediglich im Bereich der Rohrwand ergibt sich aufgrund der Rohrreibung eine kleine Temperaturdifferenz. Welche Strömungsart sich einstellt, hängt von der Fließ­geschwindigkeit, der Rohrgeometrie sowie entscheidend von den Mediumeigenschaften ab. Wichtigste Einflussgröße ist dabei die Viskosität des Mediums. Je höher die Viskosität ist, desto eher stellt sich eine laminare Strömung ein.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich eine Oberflächen-temperaturmessung besonders für Wasser und wässrige Lösungen sowie Sattdampf eignet. Alkohole sind eingeschränkt geeignet, während für viskose Medien wie Öle und Gase diese Methode nur als Tendenzmessung geeignet ist oder zusätzliche Maßnahmen erfordert. Da die Wärmeleit­fähigkeit von Metallen besonders gut ist, empfiehlt sich für die Oberflächenmessung dementsprechend ein metallisches Rohr. Auch der Wärme­übergang vom Rohr auf ruhende Umgebungsluft sollte berücksichtigt werden. Wenn Luftbewegung auftreten kann, oder eine hohe Genauigkeit gefordert wird, kann durch eine Isolierung eine signifikante Verbesserung der Messergebnisse erzielt werden.

Konstruktive Anforderungen an Geräte zur Messung der Rohr- oberflächentemperatur

Daraus leitet sich die Forderung nach einer Gerätekonstruktion ab, die diese Umstände berücksichtigt und damit den Fehler minimiert. Dies kann z.B. durch die Integration von isolierenden Elementen in das Gehäuse­design geschehen. Weiterhin müssen das Sensorelement und dessen Träger vom Rest des Gehäuses thermisch möglichst gut isoliert sein und für eine schnelle Ansprechzeit eine geringe thermische Masse aufweisen. Für eine dauerhaft robuste Messung müssen zudem die Wärme­ausdehnungen unterschiedlicher Materialien kompensiert werden. Gerade bei den großen Tempera­tur­schwankungen in dampfsterilisierten Anlagen kann sich sonst der Kontakt zwischen Messgerät und Rohr mit der Zeit lockern und das Messergebnis verfälschen. Durch die Vielzahl der möglichen Geräteformen und Einflussfaktoren ist die analytische Berechung der zu erwartenden Messabweichung sehr schwierig. Tests haben jedoch gezeigt, dass z.B. für den Anwendungsfall der Dampf­sterilisation in pharmazeutischen Anlagen eine Abweichung zwischen 1 und 2K durchaus erreichbar ist. Interessanterweise ergibt sich für die Ansprechzeit auf schlagartige Temperaturwechsel bei geeigneter Geräteausführung sogar ein Vorteil für die Rohroberflächenmessung. Bei diesem Vorgang kommt es vor allem auf die aufzuheizende Masse an. Gerade bei Ausführung mit Schutzrohr sind invasive Geräte dabei im Nachteil.

Zusammenfassung

Die Oberflächenmesstechnik reagiert empfindlicher auf Prozess- und Umgebungsbedingungen. Sie ist vor allem zur Messung von Wasser und wässrigen Lösungen sowie Sattdampf in Innenanwendungen geeignet. Bei der Messung anderer Medien ist mit einer ­höheren Abweichung zu rechen, die jedoch durch Isolierung reduziert werden kann. Gerade in pharmazeutischen Anlagen geht der Trend zu ­kleineren Anlagen und damit kleineren Rohrdurchmessern. Daher finden sich viele Temperaturmessstellen, die für die Messung der Oberflächentemperatur geeignet sind. Die ­übliche Dampfsterilisation erfordert die Überwachung der Sterilisationstemperatur an vielen Stellen der Anlage. Hier kann die Messung von Ober­flächentemperaturen ihre Vorteile im Bezug auf Systemkosten und Flexibilität ausspielen.

C&M 4 / 2015

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe C&M 4 / 2015.
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