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C&M-5-2012 > Carbonrahmen für Rennräder weltweit erstmals automatisch produziert

Carbonrahmen für Rennräder weltweit erstmals automatisch produziert

Stoff vom anderen Stern

Carbon kommt zum Einsatz, wenn etwas extrem ­­leicht und hoch stabil sein muss. Im schweizerischen ­Grenchen entstehen mithilfe der Binder-Technologie die weltweit ersten automatisch produzierten Carbon­rahmen für Rennräder. 2011 gewann der Australier Cadel Evans die Tour de France auf einem BMC-Rennrad dank der tatkräftigen Unterstützung seiner Teamkollegen, die mit einem Carbon Rennrad aus Grenchen das härteste Etappenrennen der Welt bestritten.

Sie nennen es „Stargate“ und was aus ihm herauskommt, scheint wie von einem anderen Stern zu sein. Ein Rad mit einem Durchmesser größer als ein Mensch mit ausgestreckten Armen bringt einen der stärksten und leichtesten Stoffe hervor, den die Menschheit heute kennt: fein geflochtenes Carbon – der Wunderstoff für Rennradrahmen. Das „Stargate“ ist genau genommen ein Hightech-Flechtrad und Teil einer komplexen Automatisierungsanlage. In ihr stellt der im schweizerischen Grenchen beheimatete Rennradhersteller BMC als erster und einziger auf der Welt komplett automatisiert Carbonrahmen her. Eine 100%-ige Automatisierung ist gleichbedeutend mit 100% gleich bleibend hoher Qualität. Weil Perfektion in Serie, haben es seine Entwickler von BMC „the impeccable bike“ oder kurz „impec“ genannt, was so viel heißt wie „das makellose Rad“.

Nahtlose Röhre

Mussten Carbonrahmen bislang in mühsamer Handarbeit aus einzelnen Matten geschichtet, geformt und verklebt werden, so läuft die Herstellung bei BMC so sauber und reibungslos wie ein Schweizer Präzisionsuhrwerk. Jedes einzelne Rahmenteil wird im „Stargate“ als Ganzes um die so genannte Positivform herumgewoben. Mehr als 100 mit hauchdünnen Fäden bestückte Spulen laufen in atemberaubender Geschwindigkeit durch das Flechtrad und weben in Sekundenschnelle eine nahtlose, flexible Röhre aus Karbonfasern. Eine gewissen Ähnlichkeit mit einem schwarzen Herrenstrumpf ist in diesem Fertigungsstadium nicht von der Hand zu weisen.

Bekannt war die Technologie des Flechtrads bislang in erster Linie aus der Herstellung von Stahlseilen, wie sie beispielsweise für Bergbahnen verwendet werden. In der Carbonverarbeitung ist sie ein absolutes Novum. BMC nennt seine neue Technologie Load Specific Weave (LSW). Dies bedeutet, dass mit dem Hightech-Flechtrad unterschiedlich starke Materialdicken und damit Lastverteilungen gewebt werden können. Auf diese innovative Weise lassen sich die späteren Rahmenrohre individuell auf die Anforderungen jeder einzelnen Rahmenpartie anpassen.

Nach dem Flechten werden die Carbongewebe in den so genannten „Molds“ mit Epoxidharz durchtränkt und in Negativformen, die den Carbonrohren ihre endgültige Form verleihen, vorgehärtet.


Abb.1 Fein geflochtenes Carbon


Abb.2 Fertiges Rahmenteil aus Carbon


Abb.3 Carbonrohre werden in BINDER Trockenschrank FED gehärtet und getrocknet

Konstantes Trocknen

Im Anschluss an das Formen müssen die Carbonrohre je nach Wandstärke und Größe zwischen 15 und 120 Minuten aushärten und trocknen. Auch hier wird nichts dem Zufall überlassen. Die Binder Wärmeschränke der Serie FED sorgen bei BMC für ein konstantes Trockenklima mit gleichbleibender Luftfeuchte und einer Temperatur von 80°C. Sie bieten das bestmögliche Ergebnis für das Aushärten der Epoxidharze. Auch während des abschließenden Zusammenbaus und dem Veredeln der Rahmenteile kommen Wärmeschränke beim Trocknen und Aushärten von Lacken, Aufdrucken und Montageklebern zum Einsatz. Mit einem Fassungsvermögen von 53 bis 400l und möglichen Temperaturen von bis zu 300°C passen sie sich besonders gut den unterschiedlichsten Anforderungen an. Und eines können sie besonders gut: Energie sparen. Dank ihrer 60mm dicken Isolationsschicht verfügen die Wärmeschränke über eine äußerst geringe Wärmeabstrahlung.

Leichtfüßiger Erfolg

Die genannten Wärmeschränke fügen sich nahtlos in den weltweit ersten automatisierten Produktionsprozess von Carbonrahmen ein. ­Innerhalb von nur vier Jahren haben die Entwickler von BMC die bahnbrechende Anlage auf die Beine gestellt. Es hat sich gelohnt: Ein impec-Carbonrahmen von BMC bringt durchschnittlich nur rund 1kg auf die Waage. Wie gelungen das Gesamtkonzept sich dann schon nach kürzester Zeit in der Praxis zeigen würde, hat vielleicht sogar BMC selbst ein wenig überrascht. Das Schweizer BMC Racing Team um den Weltmeister Cadel Evans konnte 2010 zum ersten Mal auf einem impec bei der Tour de France an den Start gehen.

BMC Racing Team, Cadel Evans
Photo: © Tim de Waele, TDWsport.com

Stichwörter:
Carbon, Binder-Technologie, Carbon-Rennrad, BMC, impect, Load Specific Weave, LSW, Carbongewebe, Epoxidharz, Binder Wärmeschränke, FED, Trockenklima, Epoxidharze,

C&M 5 / 2012

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe C&M 5 / 2012.
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