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Wasserstoff als wichtiges Bindeglied zwischen konventionellen und erneuerbaren Energien

Energiespeicher der Zukunft

Die im Jahr 2011 von der deutschen Bundesregierung beschlossene Energiewende stellt eine historisch einmalige Herausforderung zum Umbau einer langjährig gewachsenen Energieversorgung auf Basis überwiegend fossiler und nuklearer Energieträger dar. Die Einsparziele sind sehr ehrgeizig und erfordern ein Bündel von Maßnahmen in allen Bereichen von Energieerzeugung, Transport und Verteilung, der Speicherung sowie der Anwendung. Nur durch eine kombinierte Steigerung der Energieeffizienz und der Anteile erneuerbarer Energien kann die Energiewende gelingen. Einen wichtigen neuen Stellenwert erhält dabei die Möglichkeit der Energiespeicherung.

An Wasserstoff, das kleinste Atom im Periodensystem, richten sich in diesem Zusammenhang größte Erwartungen, einen ­Beitrag zur Lösung unserer energiewirtschaftlichen Fragen zu leisten.

Erzeugung

Wasserstoff ist wie elektrische Energie ein Sekundärenergieträger, d.h., er wird aus anderen Primärenergieträgerformen mit mehr oder weniger hohem technischen Aufwand und entsprechenden Verlusten erzeugt. H2 kann über Elektrolyse, thermische, biologische oder photoelektrochemische Verfahren sowohl aus kon­ven­tionellen als auch aus erneuerbaren Energien erzeugt werden.

Wasserstoff kann neben dem Einsatz von erneuerbaren Energien auch mithilfe von Kohle erzeugt werden, dem Primärenergieträger mit den höchsten Reserven weltweit, aber aus Umweltschutzgründen mit dem geringsten direkten Einsatzpotenzial beim Endnutzer. Heute wird Wasserstoff hauptsächlich aus Erdgas mittels Dampfreformierung gewonnen.

Ein gewisses Potenzial besteht zudem durch Nutzung von Restwasserstoff aus der Industrie.

Verteilung

Der Ferntransport von Wasserstoff ist günstiger als der von elektrischer Energie mittels HGÜ (Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung). Deutschland verfügt über eine nahezu flächendeckende Erdgas-Infrastruktur, die eine Zumischung von Wasserstoff im Erdgasnetz von bis zu 20% ohne technische Modifikation erlaubt (Hythane) und die nach entsprechender technischer Anpassung langfristig auch für reinen Wasserstoffbetrieb einsetzbar wäre. Die gastechnischen Qualitäten von Wasserstoff sind – anders als bei heutigen Synthesegasen z.B. aus Biomasse – eindeutig definiert.


Abb.1 Schematische Darstellung der Herstellungspfade für Wasserstoff


Abb.2 Kernkomponenten eines Wasserstoffsystems: Elektrolyseur (Druckelektrolyseur der Firma ELT zur Wasserstoffproduktion mit einer Kapazität von 760 Nm3 H2/h, Quelle ELT GmbH), H2-Pipeline (Quelle: ATI Automation Technologies), Speicher für flüssigen Wasserstoff (Quelle: Union Carbide), Brennstoffzellensystem mit Polymer-Elektrolyt-Brennstoffzelle (Quelle: DLR)

Speicherung

Ein wesentlicher Vorteil des Wasserstoffs gegenüber konventionellen stationären Energiespeichern (Pumpspeicher, Druckluftspeicher und Batterien) ist die höhere Energiedichte bei der Speicherung. Bei weiter zunehmenden Anteilen der Stromerzeugung aus fluktuierenden regenerativen Energiequellen ist zur kontinuierlichen Energieversorgung eine Zwischenspeicherung über Stunden bis Monate notwendig. Hier kann die Wasserstoffspeicherung einen Beitrag zur Erhöhung des regenerativen Stromanteils leisten.

Im Verkehr ermöglicht die hohe Speicherdichte von H2 Anwendungen mit erheblich größerer Reichweite als batterieelektrische Antriebe, das gilt sinngemäß auch für eine Vielzahl portabler Geräte.

Anwendung

Es ist kein sofortiger Technologiewechsel für Wasserstoff erforderlich; Verbrennungsmotoren, Heizungskessel, Gasturbinen und Dampferzeuger sind nach entsprechender Anpassung auch mit Wasserstoff betreibbar. Eine echte Wirkungsgradsteigerung in der Anwendung lässt sich mit der schrittweisen Einführung von Brennstoffzellentechnologien (PEM, MCFC, SOFC) erreichen.

Fazit und Ausblick

Die energieeffizientesten Einsatzgebiete für Wasserstoff sind die Zwischenspeicherung von regenerativ erzeugtem Überschuss-Strom sowie seine direkte Nutzung in Brennstoffzellen-Fahrzeugen.

Viele wichtige Technologien der Wasserstoffbereitstellung sind bekannt und erprobt. Dennoch besteht noch hoher Forschungs- und Entwicklungsbedarf, bevor Wettbewerbsfähigkeit erreicht wird.

Der Handlungsdruck auf Politik und Unternehmen, in Umsetzungsprojekte mit langfristiger Rendite zu investieren, wird im Umfeld der geplanten Energiewende kurzfristig steigen. Jetzt ist die Zeit reif für Großinvestitionen in eine Wasserstoffinfrastruktur, noch bevor dauerhafte Engpässe in der Öl- und Gasproduktion auftreten.

Foto: iStockphoto/Glenda Powers

Stichwörter:
Energiewende, fossiler Energieträger, nuklearer Energieträger, Energiespeicherung, energiewirtschatlich, Sekundärenergieträger, Primärenergieträgerformen, H2, Elektroyse, thermische Verfahren, biologische Verfahren, photoelektrochemische Verfahren, Wasserstoff, HGÜ, Erdgas-Infrastruktur, batterieelektrische Antriebe, langfristige Rendite, Wasserstoffinfrastruktur,

C&M 1 / 2012

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe C&M 1 / 2012.
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