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Blick über den Tellerrand

Chemie&more im Gespräch mit Dr. Sönke Brodersen, Senior Vice President Research der KSB AG und ­Vorsitzender VDMA Pumpen + Systeme anlässlich
des 10. Internationalen Pumpenanwenderforums in Düsseldorf.

chemie&more: Das diesjährige Pumpenanwenderforum fand bereits zum zweiten Mal unter dem Dach der International ­Rotating Equipment Conference in Düssel­dorf statt. Wie profitieren Sie von dem ­gemeinsamen Programm?

Dr. Sönke Brodersen: Nicht nur wir profitieren von einem gemeinsamen Programm, sondern vor allem die Teilnehmer.

Als Organisatoren halten wir die drei Foren eigenständig. Durch den von uns gewählten gemeinsamen Kommunikationsrahmen gibt es einen Call for Papers, eine Programm­broschüre, gemeinsame Werbung und eine Website. Hierdurch können wir im Vergleich zu ähnlichen Großveranstaltungen mit gleichem Leistungsspektrum überaus attraktive Teilnehmergebühren anbieten.

Inhaltlich gibt es bei den Produktgruppen Pumpen und Kompressoren viele Ähnlichkeiten und Verzahnungen, womit wir auch den in der Praxis immer häufigeren Trend hin zu „Rotating Equipment“-Arbeitsteams in Unternehmen aufgreifen. Diese erhalten auf der International Rotating Equipment Conference ein schon fast einzigartiges ­Angebot an Beiträgen zur aktuellen Pumpen- und Kompressorentechnologie: Energie­einsparung, Anwendungsberichte aus den Branchen Öl und Gas, Chemie, Petrochemie oder Wasser und Abwasser, Werkstofftechnik, Automation oder Zustandsüberwachung. Jedem Teilnehmer wird im positiven Sinne die Möglichkeit geboten, über den berühmten Tellerrand hinauszuschauen.

Eines Ihrer Ziele als Vorsitzender des VDMA Fachverbandes Pumpen und Systeme ist es, das Internationale Pumpenanwenderforum kontinuierlich weiterzuentwickeln. Was sind hier Ihre Leitlinien und Vorhaben?

Wir folgen der Leitlinie „Evolution statt ­Revolution“. Das Internationale Pumpenanwenderforum baut auf der Tradition der Karlsruher Pumpentagungen auf. Die erste fand 1973 an der Karls­ruher Universität statt. Seitdem haben sich die Märkte und Pumpentechnologie stetig entwickelt. Die Märkte wurden internationaler, die ­Produkte komplexer, bei den Anwendern bildeten sich zunehmend Teams, die sich nicht nur mit der Pumpe, sondern dem kompletten „Rotating Equipment“ beschäftigen. So haben wir uns 2008 entschlossen, mit der Wahl des Düsseldorfer Kongresszentrums den Standort zu wechseln, die Internationalität bei Autoren und ­Besuchern weiter voranzutreiben und drei im Prinzip eigenständige Foren zur International Rotating Equipment Conference zusammenzuführen. Die Ergebnisse gaben uns Recht. Wir hatten mehr internationale Betreiber und Anlagenbauer, und gerade die Anwenderseite zeigte sich von dem neuen Konzept einer gemeinsamen internationalen Großkonferenz für Pumpen und Kompressoren beeindruckt. Auf dieser Basis nahmen wir Verbesserungen im Detail vor und sehen unsere Arbeit im September 2012 bestätigt.

Die Besucher der Veranstaltung setzen sich sowohl aus Herstellern, Anwendern, Lieferanten und Wissenschaftlern zusammen. Welche Rolle in diesem Zusammenspiel nimmt der VDMA Fachverband ein?

Vorrangige Ziele des VDMA Fachverbandes als Organisator der Veranstaltung sind, die Diskussion der Themen einschl. Problem­lösung im breiten Auditorium, der inhaltliche Austausch oder die internationale Netzwerkbildung zwischen Herstellern, Anwendern, Lieferanten und Wissenschaftlern. Im Prinzip ist dies Bestandteil unserer elementaren Verbandsarbeit. Aus den behandelten Themen leiten wir aus Erfahrung der früheren Jahre auch Aktivitäten für unsere nationale und internationale Normungs- oder Verbandsarbeit ab. Und letztlich sind wir natürlich gespannt, ob aus den intensiven Gesprächen in Düsseldorf gänzlich neue Ideen und Themen entwickelt werden, die man so direkt aus der Programm­broschüre nicht entnehmen kann.

Welche Bedeutung für die Branche haben Wissenschaft und Forschung und wie fördern Sie den wissenschaftlichen Nachwuchs?

Wissenschaft und Forschung haben für uns eine sehr hohe Bedeutung. Mit dem ­Forschungsfonds Pumpen fördert der ­VDMA die vorwettbewerbliche Gemeinschaftsforschung. Erstmals haben wir während der International Rotating Equipment Conference eine Session „Young Professionals“ angeboten. Hier informierten aus­gewählte Diplomanden oder Doktoranden von Universitäten, die mit unserem Forschungsfonds Pumpen zusammenarbeiten, über ihre laufenden Forschungsarbeiten mit Praxisbezug. Dies ist für uns insofern sehr wichtig, da die Hochschullandschaft in Deutschland der Pumpenindustrie im Bereich Technologie und Ingenieurnachwuchs wertvolle Unterstützung bietet.

Das Thema Energieeffizienz steht ganz oben auf der Agenda der Industrie und nimmt auch in Ihrer Branche einen starken Stellenwert ein. Was wurde bislang erreicht und welche Potenziale sehen Sie?

Nach anfänglicher Skepsis gegenüber der produktfokussierten Ökodesign-Richtlinie erarbeiteten wir in unserem Branchen­verband EUROPUMP zügig eine gemeinsame Position. Diese berücksichtigt sowohl die Interessen der Gesetzgebung als auch die Belange der Hersteller in hohem Maße. Wir konnten auf bereits geleistete Arbeiten der Hersteller wie das freiwillige Heizungspumpen-Labelling und die Studien zu erreichbaren Wirkungsgraden bei Wasserpumpen zurückgreifen. Darauf basierend erarbeitete die EU-Kommission die mit Beginn 2013 anwendungspflichtigen Verordnungen für Heizungsumwälzpumpen (622/2012) und Wasserpumpen (547/2012). Die von den Pumpenherstellern ermittelten Energieeinsparungen summieren sich damit auf 40 TWh. Derzeit laufen Studien für weitere Produktgruppen.

Sie haben im Rahmen der Konferenz einen „EuP/ErP Expert talk“ organisiert – was war das Fazit und welche Bedeutung haben die Richtlinien speziell für die Prozess­technik in der chemischen Industrie?

Bei unserem „EuP/ErP Expert talk“ informierten wir über den EUROPUMP Lösungsansatz des „erweiterten Produktansatzes“. Vornehmliches Ziel war es, im Kreise der Betreiber die Auswirkungen der Verordnung für die betroffenen Anwenderbranchen deutlich aufzuzeigen.

Ob weitere Vorstudien zu anderen Anwenderbranchen wie Gebäudetechnik und Wasserwirtschaft erbracht werden – derzeit laufen Studien zu Abwasser- und Schwimm­bad­pumpen – ist von den Kapazitäten inner­halb der EU-Kommission abhängig. Die ­chemische Industrie ist sich des Energie­themas durchaus bewusst und geht das ­Thema über Systemanalysen verstärkt an. Energie­effiziente Produkte werden hier nach und nach allein aufgrund steigender Energiepreise Einzug halten.

Wo sehen Sie die Herausforderungen und Entwicklungspotenziale für die Pumpentechnologie, beispielsweise im Bereich neuer Werkstoffe?

Zunächst hat jeder Pumpenanwender seine ganz spezifischen Anforderungen, die sich aus seinem Produktionsprozess ergeben und für die er vom Pumpenhersteller eine Lösung erwartet. Übergreifende Anforderungen liegen aus unserer Sicht im Bereich der energieeffizienten Pumpen und Pumpensysteme, Lebenszykluskos­ten, der ­Sicherheit und des wirtschaftlichen Betriebs von Pumpen.

Hohe Temperaturbeständigkeit, Erosions- und Korrosionsbeständigkeit sind nach wie vor entscheidende Anforderungen an Werkstoffe. Stark vertreten auf der dies­jährigen Konferenz war die ­numerische Strömungsmechanik CFD. Sie hat das Ziel, strömungsmechanische Probleme approximativ mit numerischen Methoden zu lösen. Als Entwicklungs-, Auslegungs- und Nachrechenwerkzeug kann die CFD dazu beitragen, Produktentwicklungszeiten zu verkürzen und zeit- und kostenaufwändige Praxisversuche auch vor dem Hintergrund der Variantenvielfalt zu reduzieren. Die Anwendung von CFD ist heute nicht mehr wegzudenken und hat weiteres Entwicklungspotenzial.

Die deutsche Pumpenbranche ist international hervorragend aufgestellt – wie wollen Sie sich auch zukünftig in den internationalen Märkten behaupten und wo sehen Sie die Chancen?

Wir sehen uns nach wie vor als Technologieführer und werden uns den Herausforderungen aus den Schwellenländern durch ­innovative, energieeffiziente Produkte stellen.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

(Interview: Claudia Schiller, Lukas Hamm)

Stichwörter:
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C&M 5 / 2012

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe C&M 5 / 2012.
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