Automation
![]() Durchgängiger modellbasierter Entwurf von energieeffizienten verfahrenstechnischen AnlagenLogisch intelligent!In der Verfahrenstechnik kommen komplexe und räumlich sehr große Anlagen zum Einsatz. Diese Anlagen werden von einer Vielzahl an Steuerungen mit unterschiedlichen Regelungs- und Steuerungsaufgaben automatisiert. Der Entwurf solcher Anlagen stellt heute immer noch eine große Herausforderung dar. Kernaufgaben beim Entwurf bestehen darin, die Anzahl und die Art des Steuerungs- und des Kommunikationssystems festzulegen. Die Verteilung der Steuerungslogik auf unterschiedliche Steuerungen oder „intelligente Geräte“, die eigenständig Steuerungs- und Regelungsaufgaben übernehmen können, stellt eine wesentliche Herausforderung für den Projekteur dar. Für diese Verteilung wird eine Trennung der Funktionalität gefordert, um sie verschiedenen Steuerungen zuteilen zu können, was gleichzeitig zu einem erhöhten Kommunikationsaufkommen führen kann. Über die Erfüllung der funktionalen Anforderungen (Steuerung eines verfahrenstechnischen Prozesses) hinaus sind so genannte nichtfunktionale Anforderungen wie Kosten, Energieeffizienz, Safety, Fehlertoleranz bzw. Verfügbarkeit, Einhaltung bestehender Modularitätskonzepte usw. einzuhalten. Der Projekteur muss die Ressourceneinschränkungen wie Speicher oder Rechenleistung der eingesetzten Steuerungen bei der Entwicklung des Gesamtsystems berücksichtigen. Für den Entwurf von komplexen verteilten Automatisierungssystemen entwickeln wir derzeit ein Vorgehensmodell, das auf dem V-Modell sowie zusätzlich speziell für verteilte Automatisierungssysteme entwickelten Diagrammen und Entwurfsdokumenten basiert. Das dazu prototypisch entwickelte Werkzeug bietet die Möglichkeit, eine Anlage getrennt in unterschiedlichen Sichten der Struktur und Funktionen des Gesamtsystems zu betrachten und das Modell durch alle für die weitere Planung benötigten Informationen zu konkretisieren. Ein solcher Ansatz bildet die Grundlage für einen modellbasierten Entwurf, in dem die erstellten Modelle hinsichtlich verschiedener Ziele (an die Anlage gestellte Anforderungen) sukzessive zu einer konkreten Implementierung hin detailliert werden. Für die Anforderung „Energieeffizienz“ und „Verfügbarkeit“ wurden bereits Lösungen für die modellbasierte Entwicklung von Anlagen entwickelt.
Entwicklung verteilter, energieeffizienter Automatisierungssysteme
Nichtfunktionale Anforderung: Energieeffizienz Für eine energieoptimale Planung eines verfahrenstechnischen Prozesses werden Modelle benötigt, die energetische Aspekte beinhalten und die Beschreibung von Struktur und Betriebsverhalten einzelner Anlagenkomponenten ermöglichen und damit detaillierte Informationen für eine energetische Optimierung beinhalten. Mit steigenden Energiepreisen wachsen auch die anteiligen Energiekosten an den Produktionskosten. Aus dem Bestreben, die Produktionskosten auch zukünftig zu senken, erwachsen letztlich Anforderungen an die Energieeffizienz von Produktionsanlagen. Unser Modellierungsansatz auf Basis der Systems Modeling Language (SysML ist eine Modellierungssprache für technische Systeme) unterstützt den Projekteur dabei, die für eine energetische Optimierung benötigten Informationen in einfachen Anlagenmodellen festzuhalten. Die modulare Struktur der Modelle erlaubt dabei die Wiederverwendung bereits beschriebener Anlagenkomponenten und den Aufbau einer Komponentenbibliothek. Die in einem solchen SysML-Modell enthaltenen Informationen liefern differenzierte Antworten auf verschiedene Fragestellungen des Energiemanagements für Produktionsanlagen. Der Ansatz erleichtert bei der Planung neuer Anlagen bereits in den frühen Entwicklungsphasen die Suche nach energetisch optimalen Anlagenkonfigurationen. Er unterstützt die Beschreibung und Dokumentation dieser Konfigurationen. Neben der Energieeffizienz spielt auch der ausfallfreie Betrieb einer Anlage eine entscheidende Rolle. Nichtfunktionale Anforderung: Fehlertoleranz und Verfügbarkeit Eine häufige Ursache für Betriebsstörungen sind defekte Sensoren. In fertigungstechnischen Anlagen wird bei einer kritischen Sensorstörung der Produktionsprozess angehalten und Wartungsarbeiten durchgeführt. Defekte Sensoren können gegebenenfalls durch Wartungsmitarbeiter gebrückt oder geforced werden, um die Anlage bis zum Austausch des Sensors betreiben zu können. Solche Ansätze sind in der Verfahrenstechnik nicht akzeptabel, sondern die Produktionsanlage sollte bei Sensorausfalls in einem stabilen Zustand weitergefahren werden. Die Verwendung von redundanten Geräten oder Informationen und eine darauf basierende Rekonfiguration zur Laufzeit ist ein vierter Weg, um auf Sensorausfälle zu reagieren. Die Verwendung von redundanten Geräten verdoppelt die Kosten der Sensorik einer Anlage und ist in einigen Fällen aufgrund von räumlichen Einschränkungen nicht möglich. Wir haben einen Lösungsansatz entwickelt, der die Verfügbarkeit von Produktionsanlagen mittels redundanter Informationen durch sehr einfache Softsensoren erhöht. Unterstützt wird unser Ansatz durch Integration in eine Architektur für Softwareagenten (intelligente Algorithmen), die auf handelsüblichen, speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS oder Prozessleitsystemen) läuft. Anhand von zwei Anlagen wurde gezeigt, dass die SPS mittels Agenten in der Lage ist, Fehler von Sensoren selbstständig zu erkennen und diese während des laufenden Anlagenbetriebs aktiv zu kompensieren. Werkzeugunterstützung für das Engineering Zu allen Ansätzen liegen bereits prototypische Werkzeuge vor, um verteilte Automatisierungsanlagen zu planen, energieeffizient auszulegen und die modellbasierte Implementierung von Softwareagenten auf SPS zu realisieren. Die Werkzeuge beinhalten alle Editoren, die für die Erstellung der Modelle benötigt werden, und fußen auf der Systems Modeling Language (SysML), sodass eine Datendurchgängigkeit bereits von den frühen Phasen an gegeben ist. Für die Implementierung der Steuerungssoftware wurden Modelleditoren innerhalb einer Standardentwicklungsumgebung für Steuerungssoftware nach IEC 61131-3 realisiert. Diese erlauben die Weiterverwendung der Entwurfsmodelle für die Softwareentwicklung und eine automatische Generierung des Steuerungscodes aus den Modellen. Unter anderen wurde ein Editor zur Erstellung von Parameterdiagrammen der SysML realisiert, der als Programmiersprache zusätzlich zu den bekannten Sprachen der IEC 61131-3 SysML unterstützt. Der entwickelte Editor ermöglicht eine vollständige Abbildung der Diagrammelemente auf Elemente der objektorientierten Erweiterung der IEC 61131-3. Der lauffähige Code zur Anlagensteuerung für die SPS wird automatisch aus dem Modell durch einen ebenfalls integrierten Codegenerator erzeugt. Ein Online-View ermöglicht das Debugging direkt im modellierten Parameterdiagramm; der generierte Steuerungscode ist für den Applikationsingenieur nicht sichtbar. Dies ist vergleichbar mit der SFC-Implementierung in üblichen Programmier-umgebungen.Übergeordnetes Ziel der aktuellen Forschungsarbeiten am Lehrstuhl AIS ist eine Werkzeugumgebung, die den durchgängigen Entwurf von verteilten Automatisierungssystemen unterstützt (siehe Abb.). Diese wird bereits in den frühen Entwurfsphasen die Ermittlung der Anforderungen sowie eine detaillierte energetische Modellierung von Anlagenmodulen unterstützen. Das bereits existierende prototypische Werkzeug zur Entwicklung einer intelligenten Steuerung wird letztlich die automatische Implementierung aller Entwurfsziele ermöglichen. Danksagung Die Autoren bedanken sich für die finanzielle Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für das Projekt KREAagentuse (Konzeption, Realisierung und Evaluation einer werkzeugunterstützten Vorgehensweise für die Entwicklung von Agentensystemen in der Automatisierungstechnik unter Berücksichtigung der Usability) sowie für das Projekt FAVA (Funktionaler Anwendungsentwurf für verteilte Automatisierungssysteme). Literatur
Schütz, D.; Vogel-Heuser, B.: Modellintegration von Verhaltens- und energetischen Aspekten für mechatronische Module - Energieoptimierung auf Grundlage von Modellinformationen. In: at - Automatisierungstechnik, 1 (59), Oldenbourg Verlag, München, 2011, S. 33 – 41. Foto: Panthermedia/Robert Kneschke |
C&M 1 / 2012![]() Das komplette Heft zum kostenlosen Download finden Sie hier: zum Download Die Autoren:Weitere Artikel online lesenNewsAhlborn GmbH: Hochgenaue Temperaturmessung mit digitalen FühlernBei über 80 % aller industriellen Messaufgaben werden Temperaturen gemessen. Wichtig ist das Zusammenspiel von Messgerät und Fühler sowie die verwendete Technologie. Aus der Präzisionsschmiede, der Firma Ahlborn aus Holzkirchen bei München, kommt jetzt ein Messsystem für hochgenaue Temperaturmessung, das nicht nur im Labor verwendet werden kann.© Ahlborn Mess- und Regelungstechnik GmbH |