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Komplexe Prozesse und Verfahren

Komplexe Prozesse und Verfahren

Produktentwicklung für das Schüttguthandling als kontinuierliche weltweite Aufgabe

Schüttgüter kommen in allen Branchen vor. Insbesondere in der Prozess­industrie spielen sie eine wichtige Rolle, fast die Hälfte aller Stoffe, die in der ­chemischen Industrie verarbeitet werden, liegen als Feststoffe vor, die es ­weiterzuverarbeiten gilt. Die Vielfalt an Produkten und Materialien, aber auch die komplexen Produktionsprozesse und -verfahren machen den Umgang mit Pulvern, Stäuben und Granulaten zu einer schwierigen Aufgabe für Anlagenbetreiber.

Herr Schmidt, die WAMGROUP zählt bereits seit vielen Jahren zu den weltweit führenden Herstellern von Komponenten für das Hand- ling von Schütt­gütern. Als Geschäftsführer der ersten Stunde waren Sie 1986 Mitgründer der deutschen Handels­tochter WAM GmbH und begleiteten die WAMGROUP bei seiner Entwicklung vom mittelständischen multi­nationalen Unternehmen zum erfolgreichen Global Player. Welchen Stellenwert hat heute die Prozessindustrie für WAM?

Heute zählen Prozessindustrien, allen voran die chemische Industrie, die Kunststoffverarbeitung und die Nahrungsmittelindustrie, zu den Hauptzielgruppen bei WAM – und zwar in beiden Geschäftsbereichen, in der Schüttgut- und in der Mischtechnik. Im Zuge der kontinuierlichen Produktentwicklung in den letzten Jahrzehnten wurden große Teile des WAM-Lieferprogramms an die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Einsatzbereiche angepasst, sodass wir auch in der Prozessindustrie mit einem viel­seitigen Angebot am Start sind: Wesentliche Produktbereiche sind hier die Förder- und Dosiertechnik, Austrags­technik, Entstaubungstechnik, Silo-Sicherheitssysteme, Absperr­organe, Mischtechnik und Komponenten für die pneumatische Förderung.

Immer komplexere Produkteigenschaften und Qualitätsansprüche bezüglich Schüttgütern stellen eine kontinuierliche Herausforderung für die Verfahrenstechnik dar. Welche Faktoren sind hier für die Anpassung Ihres Angebotes von Bedeutung?

Im Schüttguthandling steht, wie der Name schon sagt, das Schüttgut und seine Eigenschaften im Vordergrund – so auch bei der Entwicklungsarbeit bei WAM. Faktoren wie Schüttgewicht- und -dichte, Temperatur, die Fließfähigkeit oder der Feuchtigkeitsgehalt eines Produktes oder dessen Abrasivität und Neigung anzubacken bzw. zu kompaktieren, bedingen dabei die Konstruktion der Komponenten und die Auswahl verwendbarer Werkstoffe. Hinzu kommen wichtige sicherheitsbezogene Materialcharakteristika wie Staubentwicklung oder dessen Zünd­energie. Neben diesen materialspezifischen Aspekten sind natürlich auch produktionsbezogene und wirtschaftliche Interessen der Kunden ausschlaggebend.


Abb.1 Neu bei WAM: „Low Profile“ VIB-Schieber als Absperr­organ unter einem Siloauslauf


Abb.2 Als einer der ersten Filter für Nahrungsmittel zertifiziert: Der neue WAMFLO „Food“ Filter der WAM

Auch sind die Anforderungen an entsprechendes Produktions- equipment geographisch sicher unterschiedlich. Wie funktioniert vor diesem Hintergrund die Produktentwicklung bei einem Global Player wie WAM?

Geographische Unterschiede bei den eingesetzten Standards sind oft auch bei WAM Thema. Gerade in Deutschland und anderen europäischen Ländern sind die Anforderungen an Qualität und Funktionalität in vielen Anwendungsbereichen weit höher als in Märkten wie Lateinamerika, Indien oder Ost-Asien. Dies hat auch Einfluss auf die Entwicklung neuer Produkte. Erklärtes Ziel von WAM ist es, den Kunden hochwertige, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Standardkomponenten zu einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis anzubieten. Die Entscheidung, welche Produkte und Techno­logien Teil des Standardlieferprogramms sein sollen, ist vor diesem Hintergrund nicht immer einfach.

Die Produktentwicklung selbst wird bei der WAMGROUP als kontinuierliche und vor allem weltweite Aufgabe verstanden. Das Know-how der mittlerweile über 60 Niederlassungen bündelt sich in der Konzernzentrale in Modena, Italien. Für jeden Anwendungs- und Produktbereich gibt es Verantwortliche, die mit den einzelnen Niederlassungen regelmäßig und intensiv Erfahrungen, Erkenntnisse und Ideen austauschen. In jedem Jahr werden auf dieser Basis Entwicklungsziele festgelegt und entsprechende Projekte initiiert. Dieser ­Dialog ist essenziell wichtig, um sich ändernde Marktanforderungen bzw. Chancen früh zu erkennen und das eigene Angebot entsprechen anzupassen. Die gesamte F&E ist in Italien angesiedelt. Hier werden in ­eigenen Forschungslabors und Testanlagen neue Produkte mit den verschiedensten ­Materialien getestet, bevor sie in Serie gehen und vermarktet werden.

In welchem Rhythmus werden bei WAM neue bzw. überarbeitete Produkte eingeführt und was sind die wichtigsten Neuheiten, die WAM im Bereich Schüttguthandling aktuell bietet?

Neues gibt es bei WAM eigentlich jedes Jahr zu berichten. Erst vor wenigen Monaten wurde unser neuer Absperrschieber „Low Profile“ VIB eingeführt, eine neue Generation Absperrschieber mit besonders niedrigem Einbauprofil, ideal für Anlagen mit beengten Platzverhältnissen und Produktionen, in denen Produktverunreinigungen durch Materialrückstände vermieden werden müssen (Abb.1). Dieses „Low Profile“-Konzept haben wir auch auf unsere Drehklappen übertragen – mit der Baureihe VFP bieten wir nun eine Klappe an, die 50% niedriger ist als herkömmliche Varianten.

Eine weitere wichtige Neuerung kam Ende des vergangenen Jahres von unserer Filter-Division: Unser WAMFLO-Rundfilter zur Entstaubung von Silos und Behältern wurde neu konstruiert und für den Einsatz mit Nahrungsmitteln angepasst. Mit Features wie dem totraumfreien Gehäuse zur rückstandsfreien Reinigung, einem besonders glatten und hochwertigen Edelstahlfinish, unverlierbaren Teilen und die lückenlose Rückverfolgbarkeit aller Komponenten, ist WAMFLO „Food“ einer der ersten Filter am Markt, der nach EU 1935/2004 für den Einsatz mit Nahrungsmitteln zertifiziert ist (Abb.2). Diese neue Version des WAM-Klassikers präsentierten wir erstmals auf der Anuga FoodTec in Köln im vergangenen Januar.

Messen sind natürlich eine gute Gelegenheit, neue Produkte zu präsentieren. Welche Messen sind für WAM besonders wichtig bzw. wo können sich interessierte Kunden Ihre Produkte anschauen?

Die wichtigsten Messen sind für uns internationale Leitmessen mit dem Schwerpunkt Schüttguttechnik – allen voran die Easyfairs Schüttgut in Dortmund und die Powtech 2016 in Nürnberg. Darüber hinaus sind natürlich branchenspezifische Messen interessant, z.B. die FAKUMA (Kunststoffe), Bauma (Baustoffe), IFAT als Leitmesse für unsere Abwassertechnik-Division SPECO oder die Agritechnica, auf der wir unsere SEPCOM-Separatoren für die Fest-Flüssig-Trennung ausstellen. Neben den Messen gibt es immer die Möglichkeit, uns in Altlußheim zu besuchen.

Welche Trends und Herausforderungen sehen Sie in den nächsten Jahren in der Schüttgutbranche?

Die Schüttguttechnik ist branchenübergreifend, d.h., unser Geschäft wird von einer Vielzahl unterschiedlicher, branchenspezifischer Entwicklungen beeinflusst. Ein Trend, der sich gerade in der Nahrungsmittelindustrie weiter fortsetzen wird, ist der gestiegene Anspruch im Hinblick auf Hygiene und Sicherheit. Zum einen geben hier relevante Richtlinien wie die EU 1935/2004, FDA oder EHEDG einen klaren Rahmen vor, unter welchen Bedingungen produziert werden darf, zum anderen erheben natürlich die Produzenten den Anspruch, diesen Regulierungen ohne Wirtschaftlichkeits- und Produktivitätsverluste gerecht zu werden. Daraus ergeben sich jedoch auch Chancen für die Hersteller des Produktions­equipments, Lösungen zu entwickeln, die dem Kunden über den gesetzlichen Rahmen hinaus echte Mehrwerte bieten. Verarbeitungsqualität, Zuverlässigkeit, Sicherheit und Vorteile wie eine schnelle und rückstandsfreie Reinigung der eingesetzten Komponenten spielen dabei eine genauso wichtige Rolle wie die Anschaffungs-, Betriebs- und Wartungskosten bzw. Aspekte wie Lebensdauer und Ersatzteilbedarf. Auch in der Kunststoffverarbeitung ist ein steigender Bedarf an Sauberkeit bzw. Produktreinheit zu erwarten. Ausgelöst durch den Trend, immer höherwertigere Kunststoffe zu produzieren, werden Lösungen benötigt, mit denen auch bei häufig wechselnden Rohstoffen reine Endprodukte hergestellt werden können – und das auf möglichst produktschonende Weise.

Herr Schmidt, herzlichen Dank für das Gespräch.

(Interview: Claudia Schiller)

Foto: © istockphoto.com | pepifoto

C&M 5 / 2015

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe C&M 5 / 2015.
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